Alpentour 2006: Venedig -> Wien (Teil 3/4)
Zwei Tage später saßen wir im Zug nach Lienz, wo uns tatsächlich Sonnenschein erwartete. An den folgenden Tagen radelten wir recht wenig und genossen stattdessen die Kärntener Seen. Vom Millstädter See ging es zum Ossiacher See und von dort zum Wörther See, den wir von Velden nach Klagenfurt mit dem Schiff überquerten. Die Seen liegen zwar nicht direkt am Drau-Radweg, aber selbst die stärker befahrenen Straßen hatten meistens zumindest einen Seitenstreifen, der sich mit den Rädern recht gut befahren ließ. Rund um die Seen gab es fast immer einen Radweg, der jedoch von vielen Touristen benutzt wurde und der nicht auf Räder mit Gepäck ausgerichtet ist. Deshalb war es, wenn uns andere Radler entgegenkamen, oft so eng, dass wir irgenwann fast nur noch auf der Straße gefahren sind. Erstaunlicherweise schien dies weniger die Autofahrer zu stören als die anderen Radfahrer. Einmal wurden wir wüst von einem radelnden Vater beschimpft, der in uns wohl ein schlechtes Vorbild für seine Kinder sah.
Sonst hatten wir an Kärntener Seen mit unseren beladenen Rädern eher Exotenstatus, nirgendwo sonst mussten wir so oft die Frage beantworten, wo wir herkommen und wo wir noch hinwollen. Andere Reiseradeler haben wir, wenn überhaupt, nur direkt am Drau-Radweg gesehen.
In Klagenfurt schauten wir uns einen Tag die Stadt an und vervollständigten unser Kartenmaterial für die kommenden Tage, da wir natürlich für unsere geänderte Route keine Karten mithatten. Als wir aus Klagenfurt aufbrachen, regnete es leider schon wieder. Da wir aber unbedingt die Tour zu Ende fahren wollten, d.h. in einer "richtigen" Stadt ankommen wollten, fuhren wir an diesem und am nächsten Tag im strömenden Regen und übernachteten aber statt im Zelt in einer Ferienwohnung bzw. in einem Hotel. Die Besitzer waren alle sehr nett, die einen stellten extra für uns die Heizung an und das, obwohl sie mit noch mit Holz heizten, die anderen steckten unsere Radelschuhe kurzerhand in den Wäschetrockner.
An den Regentagen nachdem wir Klagenfurt verlassen hatten, fuhren wir zunächst weiter entlang der Drau Richtung Lavamünd an der Grenze zu Slowenien und radelten von Lavamünd aus nach Norden. Von Lavamünd nach Bad St. Leonhard gibt es einen sehr schönen Radweg, der wirklich gut ausgeschildert ist und keine unnötigen Schlenker durch die am Radweg liegenden Dörfer und Berge macht.
Bad St. Leonhard verließen wir nicht nur mit im Hoteltrockner getrockneten Radelschuhen, sondern auch endlich wieder bei Sonnenschein. Von Bad St. Leohard ging es an diesem Tag weiter nach Norden, zuerst nach Zeltweg an der Mur und dann weiter an der Mur entlang nach Leoben. Zwischen Bad St. Leonhard und Zeltweg mussten wir allerdings zunächst noch einige Höhenmeter überwinden. Auf diesem Stück gab es keinen speziellen Radweg, nur ab und zu einen straßenbegleitenden Radweg, deshalb fuhren wir auf der Straße, wo aber an diesem Sonntagmorgen nicht viel Verkehr war. Da die Berge auf diesem Stück nicht allzu steil waren und wir auch an der Mur entlang recht gut vorwärts kamen, erreichten wir am schon am frühen Nachmittag Leoben.
Der weitere Weg nach Norden führt von Leoben aus über die Eisenstraße nach Eisenerz und an die Enns, was für uns auch nochmal etwa 1000 Höhenmeter gewesen wären. Da unser Urlaub sich so langsam seinem Ende näherte und wir nicht in allerletzter Sekunde in Wien einradeln wollten, beschlossen wir, in Leoben zu versuchen mit dem Postbus bis Eisenerz zu fahren, um die Steigung zu umgehen (Schließlich hatten wir ursprünglich ja auch geplant, Richtung Prag nur einmal über die Alpen zu radeln und nicht direkt zweimal.).
Eigentlich nehmen die Postbusse keine Räder mit, glücklicherweise beginnt die Postbusroute in Leoben, so dass wir vor der Abfahrt genug Zeit gehabt hätten, den Busfahrer zu überreden, wenn er unser Räder nicht hätte mitnehmen wollen. Da wir jedoch nur zu zweit waren, war der Busfahrer fast sofort damit einverstanden, nicht nur uns, sondern auch unsere Räder mitzunehmen. Das eigentliche Problem entstand erst, als unsere Räder schon im Gepäckladeraum lagen und der Fahrer versuchte, die Klappen wieder zu schließen. Die Gepäckladeräume waren bei diesem Bus offenbar so lange nicht benutzt worden, dass beim Öffnen eines der Schlösser kaputtgegangen war und sich die eine Seite nun nicht mehr schließen ließ. Der Busfahrer versuchte zunächst, die Tür mit Klebeband aus dem Verbandskasten zuzukleben, was aber natürlich nicht hielt. Zum Glück hatten wir jedoch genügend Spanngurte für unser Packsäcke mit, mit denen wir hier nun die defekte Klappe im Laderaum festgurten konnten. Zum Dank für die Spanngurte durften wir dann umsonst mit dem Bus fahren. An der Endhaltestelle in Eisenerz liehen wir dem Busfahrer noch einen unserer Schraubenzieher, damit die Klappe auf der Rückfahrt ohne unsere Spanngurte nicht aufgeht, und sausten dann hinunter an die Enns, wo wir noch ein letztes Mal mit großartigem Blick auf die Berge zelteten.
Am nächsten Tag folgten wir der Enns entlang Richtung Steyer, wobei die Gegend langsam merklich flacher wurde. Dafür regnete es zwischendurch immer mal wieder und die Führung des Radweges ist so umständlich, dass wir hauptsächlich auf der Straße fuhren. Dort war zwar recht viel Verkehr, aber zumindest blieben uns so die unnötigen Steigungen des Radweges erspart, der immer wieder vom Fluss weg in die Berge führt und dabei Steigungen aufweist, die mit beladenen Rädern fast nicht mehr zu radeln, geschweige denn zu schieben, sind.
Nach etwa 75km erreichten wir an diesem Nachmittag Steyer. Die Stadt sah schon auf dem Weg zum Campingplatz sehr hübsch aus, so dass wir beschlossen, nur kurz das Zelt aufzubauen und uns dann noch ein wenig die Stadt anzuschauen. Beim Zeltaufbau passierte dann jedoch die große Katastrophe: Mit einem sehr hässlichen Geräusch brach eine unserer Zeltstangen und schlitzte am Gestängekanal ein Stück vom Zelt auf. Zunächst waren wir jedoch noch optimistisch, schließlich war ja bei dem Zelt auch eine Reperaturhülse für defekte Stangen dabei und der Riss nicht allzugroß. Nachdem wir die Stange mit der Reperaturhülse ausgestattet hatten und vorsichtig erneut versuchten, das Zelt aufzustellen, brach die Stange zum zweiten Mal. Mittlerweile war es nach 17 Uhr, um 18 Uhr schlossen die Geschäfte und der nächste Tag war in Österreich ein Feiertag. Zum Glück konnte uns der Platzwart einen Laden nennen, bei dem wir hoffentlich eine neue Stange bekommen würden.
Leider war die Verkäuferin dort allerdings weder willig noch fähig uns zu helfen. Es dauerte schon ungefähr 10 Minunten bis sie unserer Problem annähernd begriffen hatte. Dass wir aber nicht nur eine Ersatzstange brauchten, sondern auch noch vorhatten, in dieser Nacht in unserm Zelt zu schlafen, ging über ihren Verstand. Zu der Ersatzstange wollte sie uns auch nicht verhelfen, angeblich könne man keine Zeltstangen einzeln bestellen. Letztlich blieb uns nichts anderes über als eins der in diesem Laden angebotenen Billigzelte zu kaufen, von dem eine Stange eine ähnliche Länge hatte wie unsere gebrochene Stange.
So konnten wir für den Rest des Urlaubs doch noch wieder in unserem Zelt schlafen, allerdings hatten wir so leider an diesem Tag keine Zeit mehr uns Steyer anzuschauen und mussten die nächsten Tage ein zweites Zelt und somit unnötige 4 Kilo mit uns herumfahren. Sehr positiv waren jedoch die Reaktionen der anderen Camper in Steyer. Der Zeltplatz war sehr klein, so dass die meisten unser Zeltstangenproblem mitbekommen hatten und wir mehrfach an dem Abend und am nächsten Morgen angesprochen wurden, ob mit unserem Zelt alles wieder in Ordnung sei, ob wir eine Ersatzstange bekommen hätten etc. Das tröstete uns zumindest ein wenig über die gebrochene Zeltstange hinweg.